Auf den Fluren der KWB herrscht geschäftiges Treiben. Jugendliche, Frauen mit Migrationsgeschichte und Eltern mit Kinderwagen verschwinden in Büros, um sich von KWB-Mitarbeitenden zum beruflichen (Wieder-)Einstieg beraten zu lassen. In einem der Konferenzräume sitzen KWB-Referenten/-innen mit Kooperationspartnern/-innen aus Schulen und Behörden zusammen. Parallel findet in einem anderen Konferenzraum ein Branchendialog mit Unternehmensvertretern/-innen statt. Währenddessen tauschen sich in der Mitarbeiterküche Kollegen/-innen zu arbeitsmarktpolitischen Konzepten aus.
Dieses Alltagsbild wurde von einem Tag auf den anderen durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie grundlegend verändert. Ein notwendiger, aber schmerzhafter Einschnitt – auch für uns Mitarbeitende der KWB, die wir den persönlichen Austausch mit unseren Partnern/-innen und Kunden/-innen so sehr schätzen. Deshalb haben wir schnell Mittel und Wege gefunden, um unsere Arbeit für und mit den Menschen erfolgreich fortzuführen.
Wir halten Kontakt zu unseren Kunden/-innen
Rund 40 Mitarbeiter/-innen arbeiten in 16 Projekten unter dem Dach der KWB. Ein Großteil qualifiziert und berät Menschen in direktem Kontakt, um ihnen den (Wieder-)Einstieg in den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt zu erleichtern. So unterstützt das Projekt Fachkräfte für HAMBURG Geflüchtete bei der Arbeitsmarktintegration und stellt Kontakt zu Unternehmen her. Diese Tätigkeit nun einfach auszusetzen, kam für das Team nicht infrage. "Das wichtigste Gut vieler Geflüchteter ist ihr Smartphone. Es ist die zentrale Verbindung zu ihren Verwandten in anderen Ländern. Warum dann nicht auch über dieses Medium zum Berufseinstieg beraten?", so Monika Ehmke von Fachkräfte für HAMBURG.
Vorteile der Onlineberatung
Auch die anderen KWB-Projekte mit direktem Kundenkontakt stellten sich schnell auf Videoberatung ein. Nicole Adamski vom ServiceCenter Teilzeitausbildung erklärt: "Für junge Mütter, die über unser Projekt einen Ausbildungsplatz suchen, kann der Video-Chat sogar eine sehr attraktive Kommunikationslösung sein. Das Kind kann beispielsweise ungestört im Kinderzimmer schlafen, während wir gemeinsam am Computer berufliche Perspektiven durchgehen."
Fachkräftebedarf bleibt bestehen
"Wir können nicht feststellen, dass wegen der Coronakrise reihenweise Arbeits- und Ausbildungsverträge gekündigt werden", so der geschäftsführende Vorstand der KWB Hansjörg Lüttke. "Vermittlungen sind weiterhin möglich, da der Fachkräftebedarf immer noch existent ist. Allein wir haben im letzten Monat vier neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt." Gemeinsam mit dem Leiter der KWB-Tochter TLA TeleLearn-Akademie, Olaf Dierker, setzte er kurzerhand eine Schulung der kompletten Belegschaft zum Thema Kommunikation, Moderation und Beratung via Zoom an.
Digitale Angebote werden gut angenommen
Einen Tag später laufen die ersten Onlineberatungen. "Das digitale Angebot wird sehr gut angenommen", berichtet Ragna Sekora vom Projekt Worklife. "Als nächstes möchten wir Erklärvideos zum Thema Elterngeld und Elternzeit produzieren und auf die Homepage stellen." Auch die Elternzeitmappen hat das Team bereits für die Worklife-Verbundunternehmen über Brightspace online zur Verfügung gestellt.
Wissensvermittlung via Onlinemedien erhält Vorschub
Den geplanten Präsenz-Workshop zum Thema "Interkulturelle Öffnung" für die Diakonie Hamburg hat Dr. Rita Panesar kurzerhand in ein Online-Seminar umgewandelt. KWB-Referentin Bjeen Alhassan bestätigt: "Wissensvermittlung via Onlinemedien ist nicht neu, bekommt aber in diesen Tagen einen neuen Schub." In ihrer Masterarbeit zum Thema "Transfer of Media know-how and skills between Germany and Syrian Kurdistan" stellt sie 2019 fest, dass Onlineschulungen aufgrund der einfachen Verwendung und der Überwindung von Zeit- sowie Ortsbarrieren wichtig und beliebt geworden sind. Besonders weil das Lernmaterial leicht zu aktualisieren ist und die Lernenden jederzeit auf Daten zugreifen können.
Das Projekt Kompetenzen 4.0 kann das große Interesse an dem Thema bestätigen. "Wir haben bereits über 100 Anmeldungen für die digitale Auftaktveranstaltung mit dem Titel ‚Online-Meetings und -seminare‘ am 20. April", berichtet Anselm Dingkuhn.
Emotionale Begleitung in der Krise
Für Franca D’Urso vom Projekt Stark im Beruf ist besonders die emotionale Begleitung ihrer Zielgruppe Mütter mit Migrationshintergrund wichtig. "Ich rufe meine Klientinnen proaktiv an und erkundige mich nach ihrer Situation", sagt sie. "Außerdem erhalten sie wöchentlich einen Infobrief, in dem wir unter anderem vermitteln, dass wir in diesen schwierigen Zeiten telefonisch, via E-Mail und per Videokonferenz weiterhin als Ansprechpartnerinnen für sie da sind."
In den Projekten entstehen neue Formate
Auch das Projekt Schulmentoren hat sein Angebot den neuen Gegebenheiten angepasst: "Die aktuelle Lage stellt Eltern und Schüler/-innen vor zahlreiche Herausforderungen", erklärt Jörg Belden. "Wir wollen sie und unsere Mentorinnen und Mentoren nicht mit den Problemen allein lassen. Mit dem digitalen Programm Elternmentoren@Home steht ihnen das Projekt ab sofort virtuell zur Seite. Über unsere Lernplattform Brightspace und via Zoom bieten wir eine Vielzahl von Onlineveranstaltungen an, die bis zu den Sommerferien dreimal wöchentlich stattfinden."
"Der TALENT DAY Medien + IT könnte in diesem Jahr digital ergänzt werden", berichten Christine Robben und Bjeen Alhassan (links im Bild). "Wir loten gerade mit Vertretern/-innen der Kultur- und Schulbehörde sowie der Handelskammer aus, wie wir den Berufsorientierungstag im November dieses Jahres am besten durchführen können."
Viel Schwung für neue Konzepte
"Tatsächlich bemerke ich bei vielen Kolleginnen und Kollegen eine große Energie, die ungewöhnliche Situation für neue Ideen sowie strategische Überlegungen zu nutzen“, berichtet Dr. Rita Panesar, die in der KWB unter anderem für den Bereich Konzeptentwicklung zuständig ist. "So ist gerade neuer Schwung in unser Anliegen gekommen, ein Anti-Bias-Netzwerk zu gründen. Silke Potthast von WOMENOMICS hat eine Webinar-Reihe initiiert, in der KWB-Referenten/-innen je rund zehn Minuten zu Themen ihrer Expertise sprechen. Und ddn-Referentin Susanne Sabisch-Schellhas konzipiert eine Veranstaltung, bei der verschiedene ddn-Landesnetzwerke online zusammenkommen."
Agiles Arbeiten in der KWB
Hansjörg Lüttke erklärt: "Natürlich müssen auch die Mitarbeitenden der KWB in diesen Zeiten vermehrt selbst Kinder betreuen und ältere Angehörige versorgen. Daher werden E-Mails teilweise am frühen Morgen oder späten Abend bearbeitet sowie Projektberichte und -konzepte am Wochenende geschrieben. Die Mitarbeitenden können das flexibel gestalten und tun dies sehr effektiv. Ich freue mich, dass wir keine Produktivität in der KWB einbüßen, sondern unsere digitalen und agilen Möglichkeiten voll ausschöpfen können", so der geschäftsführende Vorstand der KWB.
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